Stellungnahme zur Abstimmung zum Selbstbestimmungsgesetz

+++English version below!+++

Nun steht es fest. Die Anträge der Grünen und der FDP für mehr Selbstbestimmung von trans, nicht-binären und inter Personen sind beide gescheitert. Auch der Antrag der Linken für eine Entschädigung der Betroffenen von der Zwangssterilisation bis 2011 wurde abgelehnt.

Wir sind frustriert, denn es ist seit Jahrzehnten klar, dass das TSG gegen die Menschenwürde von trans und nicht-binären Personen verstößt. Mehrfach wurden Klauseln aus dem Gesetz durch das BvfG gestrichen. Die regierenden Parteien sind eigentlich in der Pflicht dieses Gesetz nachzujustieren. Dennoch hat besonders eine Partei aus der Koalition viele Gründe gehabt, weswegen sie den Gesetzesanträgen nicht zustimmen konnten: von Klimagesetzen, zur Nachmittagsbetreuung, zur Pandemiebekämpfung, welche gerade deutlich wichtiger wäre, dem nicht-zustimmenden Koalitionspartner, bis hin zum Grund, dass es inhaltlich nicht perfekt wäre. Änderungsanträge oder gute bis bessere eigene Gesetzesvorschläge – welche auch von Betroffenen und Verbänden positiv bewertet würden! – gab es bislang nicht.

Es breitet sich Unbehagen in der trans Community aus, da die Angst besteht, dass diese Abstimmung unsere letzte Chance war, bevor uns weiter Rechte verwehrt oder die wenigen Regelungen und Freiräume, welche wir erkämpfen mussten, uns wieder entzogen werden könnten.

Politik muss für uns alle gemacht werden. Unsere Anliegen sind nicht nebensächlich! Wir gehören angehört und respektiert und sind (entgegen Sahra Wagenknechts Vorstellungen) auch in der Unterschicht vertreten.

Erschreckend ist, dass auch transfeindliche Narrativen aus Großbritannien, welche in deutschen Medien aufgegriffen wurden, im Bundestag übernommen wurden. So zitierte Marc Henrichmann (CDU) einen FAZ Artikel, in dem vor dem Selbstbestimmungsgesetz polemisch gewarnt wurde. Was für einen Effekt diese Narrativen haben, ist im Vereinigten Königreich, den USA und auch Schweden sichtbar. Am häufigsten betroffen in diesen Diskursen sind transfeminine Menschen und trans Kinder und Jugendliche, denen jetzt im Vereinigtem Königreich Pubertätsblocker und Hormonbehandlungen verwehrt werden. Sie werden gezwungen eine falsche, für sie schädliche Pubertät (weiter) zu durchlaufen. Diese Entscheidung hatte so weitreichende Konsequenzen, dass in Schweden nun auch die erste von drei Anlaufstellen, das Astrid Lindgren-Kinderkrankenhaus, für trans Kinder Behandlungen nicht weiterführen möchte.

Nicht nur in dem zitierten Artikel, auch in früheren Debatten und Social Media wurden hetzerisch Falschinformationen geteilt und verbreitet. Das Selbstbestimmungsgesetz sollte uns Sicherheit bei der Namens- und Personenstandänderung geben. Es zielte nicht auf den medizinischen Bereich ab. Transfeindliche und rechte Gruppen haben bewusst diese beiden Bereiche miteinander verknüpft, um Besorgnis hervorzurufen.

Wir werden weiter für Gerechtigkeit und Respekt kämpfen! In der Politik wird es bisweilen keine Hoffnung für Änderungen geben. Es laufen jedoch Verfahren am Gericht in Karlsruhe.

Ansonsten gilt: Pride kann nicht mit Parteien existieren. Die Parteien, die gegen eine bessere Zukunft für uns gestimmt haben, besitzen nicht das inhärente Recht auf CSDs und Pride Demos vertreten zu sein. Was zählt sind ihre Taten.


English translation:

The results are in. Both bills by the Green Party (die GRÜNE) and the Free Democratic Party (FDP) for a self-determination law concerning trans, non-binary and intersex people in Germany had been rejected, as well as the bill by the left party (Die Linke) for compensating the victims of the sterilization clause in the „Transsexual Law“ which had been in use until 2011.

We are frustrated and tired because it‘s obvious that the Transsexual Law dehumanizes us and we are still not granted basic human rights. The Federal Constitutional Court in Karlsruhe declared several times that clauses of the Transsexual Law are not compatible with the German constitution.

The ruling political parties are obligated to propose a better law or change the Transsexual Law that‘s still in use.

But especially one ruling party had multiple, not really convincing, reasons for their lack of support for the proposed bills: more important laws for climate justice, after-school childcare bills, no support from the other Christian conservative parties, policies to fight the pandemic and because they did not deem the proposed bills to be good enough. Real critique or new, own proposals – which are supported by the community and trans and intersex organizations! – were not offered.

Many in the community are afraid that these bills were our last chance to achieve basic human rights. We had to fight for the few rights we have right now, and who knows if they are to be taken away in the next legislative period?

Politics must be made for all. We belong in this society; our rights and our needs must be recognized! And no matter what supposed „leftist“ politicians like Sahra Wagenknecht say, most of us also belong to the lower class and struggle with poverty. Our right to be recognized as we are is just as important.

What‘s even more concerning is that transmisic/TERF talking points from the UK are used in German media and even cited in the German parliament. Marc Henrichmann, a politician in the Christian conservative party (CDU), cited an article from the FAZ which spread misinformation concerning the proposed bills. These narratives have a real effect on our communities in different countries. We can see this in the UK itself, the US and Sweden. Especially transfeminine people and trans children and teenagers are targeted. The latter are now barred from receiving puberty blockers and hormone therapy. They are made to experience the wrong puberty which will have lasting physical and psychological effects. This decision in the UK was also weaponized against trans children and teenagers in Sweden. One of the three facilities in Sweden that treated trans children and teenagers, the Astrid Lindgren Children‘s Hospital declared that they will stop their treatment and no longer give out blockers and hormones.

There were many more articles in the German media and posts on social media platforms where users shared trans antagonistic talking points. The self-determination law was supposed to give us more safety and easy access to name and gender marker changes. There would have been no changes to the medical guidelines. Trans antagonistic and right-wing groups deliberately mixed these two different aspects to evoke fear in the general public.

We will continue to fight for justice and respect. The dominant political parties aren’t interested in supporting us. But there are court procedures going on in Karlsruhe.

Apart from that: Pride is not possible with the presence of political parties. The parties who voted against a better future for trans and intersex people have no right to attend pride parades and protests. What matters are their actions.

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